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mk Technology Group und Automations Robotic realisieren automatische Inspektionsanlage für Pharmaindustrie

Automation gegen Kostendruck

03.12.2024
von Redaktion F+H

Steigende Kosten und verschärfte Regularien belasten zunehmend auch die Pharmaindustrie, wodurch der Bedarf an Automationslösungen gestiegen ist. Die Unternehmen mk und Automations Robotic reagieren darauf mit einer neuen automatisierten Inspektionsanlage für Zylinderampullen mit flüssigen Arzneimitteln.

Wie viele andere Industriezweige auch, sieht sich die Pharmaindustrie mit steigenden Kosten für Energie und Rohstoffe sowie verschärften Regularien konfrontiert, sagt Andreas Klihm, Technischer Vertrieb bei mk in Troisdorf: „Um die gestiegenen Kosten zu bewältigen, versuchen immer mehr Unternehmen, mit einer höheren Automatisierung in der Produktion einen Teil der Mehrkosten auszugleichen. Die passenden Lösungen entwickelt mk gemeinsam mit Systemintegratoren auf der ganzen Welt.“ Ein aktuelles Projekt sei eine Automatisierungslösung für die Qualitätskontrolle für Zylinderampullen mit flüssigen Arzneimitteln, die mk gemeinsam mit der Automations Robotic GmbH aus dem bayerischen Massing realisiert hat. „Diese Anlage ist die erste ihrer Art, die am Einlauf einer nachgelagerten Maschine flexible Kunststoff-Trays, gefüllt mit Zylinderampullen, öffnet und entleert“, so Andreas Schäffler, Vertrieb bei Automations Robotic. „Am Auslauf werden die Trays dann wieder befüllt und verschlossen – und das, bei einer Geschwindigkeit von 600 Zylinderampullen pro Minute.“

Zwei parallele Liftsysteme mit Gurtförderern GUF-P 2000 übergeben die Trays an zwei Zahnriemenförderer ZRF-P 2045, die in 2,60 m Höhe von der Hallendecke abgehangen montiert sind

 

Und so funktioniert die automatische Inspektionslinie: Zu Beginn der Linie stehen Europaletten aus Aluminium, die mit Kunststoff-Trays beladen sind, die jeweils 330 Zylinderampullen enthalten. Ein Hubwagen oder optional ein fahrerloses Transportfahrzeug legt die Paletten auf einen Dreistrang-Zahnriemenförderer ZRF-P 2040 von mk ab. Dieser Förderer verfügt über drei parallellaufende, 110 mm breite Zahnriemen, die stabil und gleichmäßig mit einem Gewicht von bis zu 600 kg bestückt werden können. „Obwohl der Förderer selbst keinen direkten Kontakt mit den Ampullen hat und nur die Sekundärverpackung bewegt, haben wir großen Wert auf eine hygienische Auslegung der Anlage gelegt“, erklärt Klihm.

Daher haben die Ingenieure FDA-konforme Zahnriemen und Gleitleisten aus Polyoxymethylenen (POM) verwendet, Aluminiumteile und Verbindungselemente eloxiert sowie alle Stahlteile in Edelstahl ausgeführt. Zudem sind die Antriebe unterhalb oder seitlich der Förderer montiert, um zu verhindern, dass Partikel auf die Trays herunterfallen.

Die Gurtförderer der Liftsysteme sind mit Messerkante ausgestattet, um den Übergang zur angeschlossenen Förderstrecke so klein wie möglich zu halten und so eine sichere Übergabe der Trays zu gewährleisten

Klassische Fördertechnik arbeitet gemeinsam mit modernen Robotern

Der Dreistrang-Zahnriemenförderer transportiert die Europaletten zu einer Depalettier-Station. Klihm erklärt, dass die Ausgangsposition der Trays dabei nicht mehr so exakt definiert sein muss wie früher. „Moderne Roboter können dank ausgefeilter Vision-Systeme mittlerweile selbst chaotisch angeordnete Objekte in Behältern erkennen und präzise entnehmen. Dadurch ist es nicht mehr notwendig, dass die Fördertechnik bei der Positionierung millimetergenau arbeitet, was eine technische Entlastung und Kostenersparnis bedeutet.“

In der Depalettierung entnimmt ein Roboter die Trays mithilfe eines Sauggreifers und platziert sie in der ersten Bearbeitungsstation. Hier wird das Etikett des Trays automatisch aufgeschnitten und der Deckel abgenommen. Ein weiterer Roboter übernimmt das geöffnete Tray mit seinem Greifer, transportiert dieses zur nachgelagerten Inspektionsmaschine und entleert dort das Tray, wobei die Zylinderampullen im Pulk auf das Einlaufband der Inspektionsmaschine geschoben werden. In der Prüfanlage werden die Zylinderampullen automatisch unter anderem auf Dichtigkeit, materielle Fehler und partikuläre Verunreinigungen überprüft.

In einer individuell gefertigten Zentriereinheit werden die Trays pneumatisch in eine Maske gehoben und fixiert, so dass die Versiegelungsetiketten angebracht und der Barcode durch ein Vision-System verifiziert werden kann

Die nächste Aufgabe der Anlage besteht darin, die leeren Trays an das Ende der Prüfanlage zu transportieren und dort wieder mit den Ampullen zu bestücken. Um Platz für Flurförderzeuge zu sparen, entschieden sich die Ingenieure für eine zweistrangige, rund 14 m lange Förderstrecke, die in einer Höhe von 2,6 m von der Hallendecke abgehangen ist und parallel zur Prüfmaschine verläuft. Die Funktionsweise ist wie folgt: Ein Roboter mit Doppelgreifer übergibt die Deckel und Böden des Trays an eines von zwei Liftsystemen mit Gurtförderer GUF-P 2000. Auf erhöhter Ebene angekommen, bewegen sich die Tray-Komponenten wieder auf Zahnriemenförderern ZRF-P 2045. Am Ende der Strecke gelangen diese über zwei weitere Lifte auf einen Arbeitstisch, wo sie wiederum von einem Roboter aufgenommen und den nächsten Arbeitsschritten zugeführt werden – dem Befüllen der Trays mit inspizierten Zylinderampullen und dem Verschließen mit einem Deckel. Überschüssige Trays, für Ampullen, die aufgrund von Qualitätsproblemen im Ausschuss gelandet sind, befördert der Lift über einen pneumatisch anhebbaren Endanschlag in eine Rutsche, die in einen Ausschusscontainer führt.

Die Etikettierung der Trays folgt im nächsten Schritt. Die Verpackungen bewegen sich hierzu über eine weitere, rund zehn Meter lange Förderstrecke unter der Hallendecke zu einer von mk angefertigten Zentriereinheit. Diese pneumatisch anhebbare Einheit hebt die Verpackung durch eine Maske, die die Seiten und den Deckel fixiert. Danach werden die Versiegelungsetiketten angebracht, und der Barcode durch ein Vision-System verifiziert. An einer weiteren Station wird geprüft, ob das Siegel korrekt angebracht und das Tray richtig geschlossen ist. Danach setzt das Tray seine Fahrt über den ZRF-P 2045 fort. Über eine Eckübersetzung gelangt es zur manuellen Produktentnahme, während fehlerhafte Verpackungen auf eine Ausschusslinie weitergeleitet werden. „Die Anlage zeigt, wie Automatisierung den Menschen unterstützen und von ermüdenden Routinetätigkeiten entlasten kann, ohne ihn überflüssig zu machen“, so Klihm abschließend. „Sie hat das Potenzial, in der Pharmaindustrie zu deutlichen Effizienzsteigerungen zu führen.“

Interview mit Rainer Forster, mk Technology Group: Klassische Gurtförderer erleben derzeit ein Revival

Rainer Forster, Business Development, mk Technology Group

Was sind die typischen Herausforderungen der Automatisierung im Wandel der Zeit?

Rainer Forster: In Zeiten von Industrie 4.0 und künstlicher Intelligenz wünschen viele Kunden, Maschinen und Anlagen mit Sensoren auszustatten und mit IT-Systemen zu vernetzen – selbst Wälzlager und Transportmedien in Förderstrecken. Dies ermöglicht zum Beispiel Big-Data-Analysen zur Produktionsoptimierung, Predictive Maintenance zur Verlängerung der Betriebszeiten sowie die Integration mit Zukunftstechnologien wie autonomen Fahrzeugen und Cobots. Heute entfallen durchschnittlich nur noch rund 40 Prozent der Gesamtkosten auf die Mechanik, 60 Prozent auf Elektrik, Sensorik und Programmierung. Dennoch wird die Mechanik auch in Zukunft eine wichtige Stellschraube in puncto Kosteneffizienz bleiben. Es ist für uns als Maschinenbauer nach wie vor entscheidend, maßgeschneiderte Lösungen zu realisieren, die weder über- noch unterdimensioniert sind und idealerweise so flexibel und wandelbar, dass sie mit dem Unternehmen mitwachsen können.

Wie wird sich der Markt für Förderanlagen in den nächsten Jahren voraussichtlich entwickeln?

Rainer Forster: Interessanterweise erleben derzeit klassischen Gurtförderer ein Revival. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Roboter in Automatisierungsanlagen erhebliche Fortschritte gemacht haben. Früher mussten Pick-and-Place-Roboter Objekte über Werkstückträger-Umlaufsysteme exakt positioniert in einem definierten Arbeitsbereich ausrichten. Heute genügt eine grobe Ausrichtung mit einem Gurtförderer aus, da moderne Vision-Systeme den Robotern mehr Handlungsspielraum bieten. Dies ermöglicht erhebliche Kosteneinsparungen. Ein weiterer Trend, der sich in den kommenden Jahren fortsetzen wird, ist der Bedarf an immer schnelleren Fördersystemen für hohe Stückzahlen. In Branchen, die kleinteilige Objekte bewegen, müssen Taktzeiten von weniger als 0,3 Sekunden ermöglicht werden und wie die Prüfanlage unter Beweis stellt, sind sogar Abläufe mit 0,1 Sekunden realisierbar. Für den hohen Durchsatz setzt auch mk dann bevorzugt Zahnriemenförderer und Servoantriebe ein oder nutzt Gurtfördersysteme mit Vakuumfunktion.

Welche Trends und zukünftigen Anforderungen werden die Gestaltung und Nutzung von Förderanlagen beeinflussen?

Rainer Forster: Bei der Konzeption zukünftiger Förderanlagen und anderer Automationstechnik ist es zweifelsohne wichtig, Technologien rund um Industrie 4.0 und künstliche Intelligenz zu berücksichtigen. Dank Zulieferern, die Plug-and-Produce-fähige Komponenten bereitstellen, wird dies zunehmend einfacher. Dennoch werden erprobte Evergreen-Lösungen auch in Zukunft in vielen Anwendungen die beste Wahl bleiben. Ich vergleiche die Situation gerne mit dem Aluminium-Hype in den 1990er-Jahren. Damals wollte plötzlich jeder Stahl und Schweißen durch Aluminium und Schraubverbindungen ersetzen, auch dort, wo es technisch nicht sinnvoll und unnötig teuer war. So nutzen wir als Alu-Systemprofil-Hersteller auch hybride Lösungen mit Stahl und Carbon – so wie es am effizientesten ist. Wir dürfen heute nicht denselben Fehler machen und versuchen, alles mit I4.0 und KI zu komplex zu lösen, nur weil es technisch möglich ist. Das führt schnell zu unnötige Kosten und verursacht Prozessrisiken. Aus diesem Grund bin ich auch überzeugt, dass die menschliche Kreativität von Ingenieuren bei der Planung und Gestaltung von Förderanlagen wichtig bleibt und nicht so schnell durch künstliche Intelligenz ersetzt werden kann. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der die Gestaltung und Nutzung von Förderanlagen in Zukunft beeinflussen wird, ist die Cybersicherheit. Mit jeder digitalisierten Komponente und Vernetzung, in erster Linie über 5G, steigt die Gefahr, unberechtigten Dritten Zugang zur Anlage zu verschaffen. Hier steht der ganzen Branche eine große Aufgabe bevor.

Die Fragen stellte Winfried Bauer, Chefredakteur f+h

Text/Fotos: mk Technology Group

 

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